Milchhäusle

aktualisiert am: 16. Dezember 2020

Milch und mehr

Das Milchhäusle war bis Ende der 1970er Jahre die Milchannahmestelle für Dittigheim in der Veitstraße. In Spitzenzeiten lieferten hier 76 Bauern ihre frische Milch ab. Die Dittigheimer konnten sich dann dort ihre Milch oder Butter kaufen. Bei Anlieferung von Milch wurde der Erwerb von Butter, Buttermilch oder Käse einfach verrechnet. Bei einem Überschuss waren diese sogar verpflichtet, diese Molkereiprodukte abzukaufen. Der Rest wurde an die Raiffeisen Genossenschaft verkauft.

Milchannahme war morgens und abends, und um 11 Uhr war die Ausgabe von Magermilch (als Futtermittel für Schweine). Die Mitarbeiter bei der Milchannahme mussten also 3 mal täglich ihren Dienst verrichten. Zudem mussten nach der Annahme die Geräte sauber gemacht werden. Hierbei gab es wohl immer spezielle Kandidaten, die mit ihrer Milch zu spät kamen und den Feierabend für die Helfer verzögerten.

Bis ca. Mitte der 1950er Jahre wurde die Milch jeden Morgen mit einem Pferdegespann nach Tauberbischofsheim gefahren. Das wurde von den Bauern mit eigenen Pferden im Wechsel erledigt. Für den Milchwagen gab es im Milchhäusle eine eigene Garage. Ab Mitte 1950 erfolgte die Abholung mit LKW, dem sogenannten „Milchauto“. Ca. Mitte der 1950er Jahre wurde zur Kühlung der Milch in eine neue Tiefkühlanlage investiert.

Kontrollierte Qualität

Damit alles rechtens und sauber zuging, gab es einen Milchkontrolleur, der häufig und in unregelmäßigen Abständen alles kontrollierte. Bei Schmutz in der Milch oder einem „rein versehentlich“ zu hohen Wasseranteil in der Milch gab es namentliche Einträge ins Kontrollbuch, die mit einer Buße (Geldbetrag) geahndet wurden.

Kontrollbuch der Milchgenossenschaft Dittigheim
Kontrollbuch der Milchgenossenschaft Dittigheim mit dem Eintrag vom 21. März 1948: „Abendmilch-Kontrolle – Schmutzgehalt, Schmutz in der Milch hatten: No. 10, No. 38, No. 45, No. 49, No. 71, Dieselben werden unterschriftlich mit einer Gebühr von 0,50 D.M. verwarnt. Das Geld hat der Rechner in Abzug zu bringen.“ Foto: Alex Gaab
Kontrollbuch der Milchgenossenschaft Dittigheim
Kontrollbuch der Milchgenossenschaft Dittigheim mit einem Eintrag vom 19. Juli 1948: „Abendkontrolle – Die Milch vom Herrn … No. 22 hatte ein spezifisches Gewicht von 22,6. Er gibt zu, dass durch Unachtsamkeit etwas Wasser in die Milch gekommen sein kann. Er zahlt eine Buße von 20,- D.M. an die Genossenschaftskasse.“ Foto: Alex Gaab

Dittigheim 1948: Milch verunreinigt – Straftäter zu hohen Geldbußen verurteilt

Bei Schmutz oder einem „rein versehentlich“ zu hohen Wasseranteil in der Milch gab es namentliche Einträge ins Kontrollbuch, die mit einer Geldbuße geahndet wurden.

Aufbewahrung der Milchanlieferer-Karten
Aufbewahrung der Milchanlieferer-Karten. Bild: Siegfried Maier
Gerätschaften zur Kontrolle angelieferter Milch
Gerätschaften zur Kontrolle angelieferter Milch. Bild: Siegfried Maier
Anzeigetafel Milchannahmestelle Dittigheim
Anzeigetafel Milchannahmestelle Dittigheim. Bild: Siegfried Maier
Das Dittigheimer Milchhäusle im Jahr 2020, Foto: Alex Gaab

Miteinander

Meist wurden Kinder und Jugendliche zum Abliefern der Milch in die Veitstraße geschickt. So ergab sich zwangsläufig ein Treffpunkt für die Jugend und man lernte sich kennen. Das Milchhäusle wird in vielen Berichten auch als zentraler Treffpunkt erwähnt.

Für die Annahme der Milch und die korrekte Abwicklung gab es Mitarbeiter der Genossenschaft, auf die stets Verlass war. Noch heute schwärmen diejenigen, die es noch erlebt haben davon, dass die beiden in Dittigheim dafür zuständigen Geschwister Gertrud und Inge Wöppel, zusammen mit ihrem Vater, ihre Aufgabe dort stets mit sehr schönem Gesang verbunden hätten und so viele Menschen bei der Arbeit mit Freude erfüllt hätten. Dabei begünstigte der komplett geflieste Innenraum des Milchhäusles die Akustik. Übrigens war die Verantwortlichkeit der Familie kein Zufall, sondern „naheliegend“, da diese direkt nebenan gewohnt hatte und so sehr kurze Wege zur Arbeit hatten.

„Hier wurden die ersten
Liebschaften geknüpft …

… und dann später in der
Grünkerndarre gefestigt.“

Peter Hepp

Technik

Die angelieferte Milch wurde in einen großen Behälter geleert und so mittels einer Mechanik die Menge erfasst. Diese wurde automatisch auf die eigene Karte eingestempelt. Der Betrieb der Milchannahmestelle in der Veitstraße wurde gegen Ende der 1970er Jahre eingestellt, nachdem immer mehr Landwirte ihren Betrieb eingestellt haben. Die verbliebenen Landwirte allerdings haben ihren Viehbestand deutlich vergrößert und sich daher um eine eigene autarke Kühlung angeschafft. Unmittelbar nach Auflösung der Lieferverträge mit den Landwirten wurde das Gebäude 1979 von der Raiffeisen Genossenschaft an privat verkauft.


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